Dyspnoe, Unruhe und Angst – palliativen Begleitsymptomen wirksam begegnen

Zertifiziert in D, A bis 19.02.2025, 2 CME-Punkt(e)

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Dyspnoe, Unruhe und Angst sind häufige und belas­tende Symptome in der Palliativmedizin. Für die Behand­lung stehen eine Reihe medikamentöser, nicht-medika­mentöser und allgemeiner Maßnahmen zur Verfügung. Diese Fortbildung zeigt auf, wie Interventionsmaßnahmen kombiniert werden können, um den Patienten bestmöglich zu entlasten.

Zielgruppen

  • Allgemeinmediziner
  • Palliativmediziner

Tutorielle Unterstützung

Die tutorielle Unterstützung der Fortbildungsteilnehmer erfolgt durch unseren ärztlichen Leiter Dr. med. Alexander Voigt in Zusammenarbeit mit der arztCME-Redaktion. Inhaltliche Fragen können über das Kommentarfeld, direkt per Mail an service@arztcme.de oder via Telefon unter Tel.: +49(0)180-3000759 gestellt werden. Inhaltliche Fragen werden von unserem ärztlichen Leiter bzw. nach Rücksprache mit diesem und evtl. dem Autor auch von der arztCME-Redaktion beantwortet.

Technischer Support

Der technische Support der arztCME-Online-Akademie erfolgt durch geschulte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Betreibers health&media GmbH unter der E-Mail-Adresse technik@arztcme.de oder via Telefon unter Tel.: 49(0)180-3000759.

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Zertifiziert in:D, A
Zeitraum:20.02.2024 - 19.02.2025
Punkte:2 CME-Punkte
VNR:2760602024112430003
Zertifiziert von:Landesärztekammer Hessen
Faxteilnahme:Nein
Autor/innen:Dr. med. Karolina Maria Wiedemann
Sponsor:
Veranstalter:CGC

Transparenzinformation

Kursinhalt

Einleitung

Dyspnoe, Unruhe und Angst sind bei Patienten mit fortgeschrittenen malignen und nichtmalignen Erkrankungen häufige Symptome [1, 2, 3], die in der Endphase einer Erkrankung zunehmen [4]. Sie sind besonders belastend für die Patienten selbst, die Angehörigen, sowie alle an der Patientenversorgung beteiligten Personen. Daher ist das Wissen um die Behandlung und den Umgang mit diesen Symptomen von allergrößter Wichtigkeit.

Dyspnoe wird durch die international anerkannte und weit verbreitete Definition der American Thoracic Society beschrieben als „eine subjektive Erfahrung einer unangenehmen Atmung, die in ihrer Ausprägung schwanken kann“. Die Erfahrung wird von einem komplexen Zusammenspiel physischer, psychischer, sozialer und umweltbedingter Faktoren beeinflusst und kann sekundäre physiologische und verhaltensbezogene Reaktionen auslösen“ [5].

Bei Patienten mit einer fortgeschrittenen Krebserkrankung ist Dyspnoe mit einer Prävalenz von 53,4 % ein
sehr häufiges Symptom [6]. Patienten mit einem Bronchial-Karzinom sowie Patienten mit einer pulmonalen, pleuralen und mediastinalen Infiltration leiden besonders häufig unter Dyspnoe mit einer Prävalenz von bis zu 74,3 % [7, 8]. Die Belastung durch Dyspnoe wird als schwerwiegender empfunden als andere Symptome [9]. Sie führt besonders häufig zur sozialen Isolation
aufgrund einer eingeschränkten Leistungsfähigkeit [10] und belastet hierdurch im besonderen Maße auch die Angehörigen [11, 12].

 

Abb. 1: Bei Patienten mit einer fortgeschrittenen Krebserkrankung ist Dyspnoe mit einer Prävalenz von 53,4 % ein sehr häufiges Symptom.

Eine refraktäre Dyspnoe („refractory breathlessness“) besteht, wenn trotz optimaler Therapie der Ursache oder der Grunderkrankung (z. B. Chemotherapie oder Radiatio bei Bronchial-Karzinom) die Atemnot weiterhin andauert. In diesem Fall besteht die Indikation zur symptomatischen Therapie [13].

Dyspnoe kann durch eine Vielzahl von Faktoren ausgelöst werden (Belastung, Angst, Wut, Temperatur,
Infekte) und wird stets mit Angst verbunden. Einige Studien konnten nachweisen, dass Dyspnoe in der Nähe des limbischen Systems wahrgenommen wird. Hiermit lässt sich gut die emotionale Bewertung von Dyspnoe erklären [3]. Angst ist jedoch nicht nur Auslöser und Folge der Atemnot, sie kann die Atemnot sogar noch verschlimmern und zu weiteren Atemnotattacken führen [14].

Erfassung

Dyspnoe kann in zweierlei Kategorien eingeteilt werden. Es wird zwischen kontinuierlicher Atemnot und Atemnotattacken unterschieden [15]. Als kontinuierliche Atemnot wird eine zeitlich anhaltende Dyspnoe, die in ihrer Ausprägung stark schwankt, bezeichnet. Atemnotattacken sind nach Definition „eine Form von Atemnot und durch eine starke Zunahme der Atemnotintensität oder des unangenehmen Gefühls durch Atemnot gekennzeichnet, die nach Empfinden des Patienten außerhalb normaler Schwankungen von Atemnot liegen. Atemnotattacken sind zeitlich begrenzt (Sekunden bis Stunden), treten intermittierend und unabhängig vom Vorliegen kontinuierlicher Atemnot auf. Atemnotattacken können vorhersehbar oder unvorhersehbar sein, abhängig davon, ob Auslöser benannt werden können.
Es gibt eine Vielzahl von bekannten Auslösern, die sich gegenseitig beeinflussen können (z. B. körperliche Belastung, Emotionen, Begleiterkrankungen oder Umgebungsfaktoren). Eine Atemnotattacke kann von einem oder mehreren Auslösern verursacht werden“ [16, 17, 18].

Da Dyspnoe, wie vorher bereits erwähnt, als „subjektive Erfahrung einer unangenehmen Atmung“ definiert wird, sollte auch eine subjektive Erfassung dieses Symptoms erfolgen. Wie auch bei Schmerzen kann daher die Schwere und Intensität regelmäßig abgefragt werden, um den Therapieerfolg zu evaluieren. Die Intensität der
Dyspnoe kann hierbei unkompliziert im Stationsalltag sowie im ambulanten Setting, z. B. mittels eines kategorialen (keine – leichte – moderate – schwere) oder numerischen (0-10) Erfassungsinstruments bestimmt werden. Es stehen aber auch ausführliche Erfassungsinstrumente zur Verfügung, die physische, emotionale, kognitive, spirituelle und soziale Dimensionen des Patienten erfassen und somit die Dyspnoe weiter differenzieren können [19].

 

Abb. 2: Da Dyspnoe als „subjektive Erfahrung einer unangenehmen Atmung“ definiert wird, sollte auch eine subjektive Erfassung dieses Symptoms erfolgen

Die S3-Leitlinie Palliativmedizin empfiehlt hierzu im Expertenkonsens die Erfassung von drei Dimensionen der Dyspnoe. Diese sind in Tabelle 1 zusammengefasst [20].

 

Tab. 1: Drei Dimensionen der Dyspnoe

 

Im Falle kognitiver oder körperlicher Einschränkungen, z. B. in der Sterbephase oder bei dementen sowie deliranten Patienten, sollte eine Fremdeinschätzung der Symptomlast durch Angehörige oder das betreuende Personal erfolgen. Hierbei kann beispielsweise der Einsatz der Respiratory Distress Observation Scale (RDOS) hilfreich sein [21, 22, 23]. Wichtig ist noch zu erwähnen, dass objektive Parameter, wie etwa Blutgasanalyse, Lungenfunktionstest und Atemfrequenz, nur mäßig mit dem subjektiven Empfinden der Dyspnoe korrelieren [24].

Therapie möglicher Ursachen

Entscheidend für eine suffiziente Therapie der Dyspnoe sind die Identifikation reversibler Ursachen und die Ausschöpfung aller kausalen Therapieoptionen. Die
symptomatische Therapie kann je nach Bedürfnis des Patienten parallel oder sequentiell erfolgen. Insbesondere die Angemessenheit für die Situation des Patienten sowie der Patientenwille sind bei der Indikationsstellung zu diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen zu berücksichtigen. So würde man beispielsweise bei einem Patienten mit tumorinduzierter Bronchusobstruktion in der Sterbephase eine symptomatische Therapie einer Radiatio vorziehen [25, 26].

Mögliche behandelbare Ursachen und deren kausale Therapie sind in Tabelle 2 beispielhaft zusammengestellt [27, 28, 29].

 

Tab. 2: Mögliche behandelbare Ursachen und deren kausale Therapie

 

Therapie der refraktären Symptome

Dyspnoe ist ein komplexes Symptom und wird, wie oben bereits erwähnt, auf vielen Ebenen beeinflusst (emotional, physisch, psychisch, sozial), sodass ein therapeutischer Ansatz meist auf der Kombination mehrerer Therapiemaßnahmen beruht. Die symptomatische Therapie sollte einer ursächlichen Therapie folgen oder parallel stattfinden. Im Folgenden werden verschiedene Therapieoptionen vorgestellt.

Medikamentöse Therapie

Opioide
Opioide sind derzeit die einzige Substanzgruppe mit einer ausreichenden Evidenz in Studien zur symptomatischen Behandlung der therapierefraktären Dyspnoe [30, 31]. Dennoch meiden nach wie vor viele Ärzte den Einsatz dieser Substanz wegen der gefürchteten Atemdepression. Es gibt zahlreiche Studien, die die positive Wirkung von Opioiden bei Dyspnoe nicht nur bei Patienten mit einer malignen Erkrankung, sondern auch bei Patienten mit Herzinsuffizienz und COPD belegen [31]. Eine klinisch relevante Atemdepression trat in keiner der Studien auf [30]. Da Tachypnoe bei einer Atemnotattacke
zu einer ineffizienten Atmung führt, induziert die opioidbedingte Reduktion der Atemfrequenz eine Steigerung der Effektivität der Atmung und ist somit ein erwünschter Effekt. Opioidrezeptoren finden sich im gesamten kardio-respiratorischen System [32]. Sie vermitteln die Symptomlinderung und verändern die Wahrnehmung der Dyspnoe. Unter anderem konnte in Studien nachgewiesen werden, dass Opioide zu einer reduzierten Aktivität bestimmter emotionsbeeinflussender Hirnareale (z. B. Inselrinde, zentrales Höhlengrau) führen und so die begleitende emotionale Bewertung der Dyspnoe modulieren [33, 34, 35].

 

Abb. 3: Unter anderem konnte in Studien nachgewiesen werden, dass Opioide zu einer reduzierten Aktivität bestimmter emotionsbeeinflussender Hirnareale (z. B. Inselrinde, zentrales Höhlengrau) führen und so die begleitende emotionale Bewertung der Dyspnoe modulieren.

 

Aktuell gibt es keine Evidenz, welche Opioide bei Dyspnoe besonders wirksam sind. Für Morphin, Diamorphin (in Deutschland nicht im Handel) und Dihydrocodein liegen jedoch gute Wirksamkeitsstudien vor [30, 31]. Insbesondere die Wirksamkeit von bukkalem Fentanyl als schnell wirksame Formulierung wird derzeit in mehreren Studien geprüft.

Mit einer guten Evidenz lässt sich jedoch sagen, dass die zur effektiven Linderung der Dyspnoe notwendigen Opioiddosierungen deutlich geringer sind als zur Schmerzlinderung [36]. Daher sollte insbesondere bei opiatnaiven Patienten eine niedrige Dosis gewählt und bis zum gewünschten Effekt titriert werden. Hierzu bieten sich schnellfreisetzende Formulierungen an, die nach der Dosisfindung auf ein retardiertes Präparat umgesetzt werden sollten. In Studien konnte nachgewiesen werden, dass die Mehrzahl der Patienten mit einer Tagesdosis von 30 mg retardiertem Morphin eine zufriedenstellende Symptomkontrolle erreichen konnten [36]. Die übliche Startdosis bei opioidnaiven Patienten liegt bei 2,5 mg Morphin p.o. oder 1-2,5 mg Morphin s.c. alle 4 Stunden. Bei Patienten, die bereits zuvor eine Opioidtherapie gegen Schmerzen erhalten haben, muss die Dosis erhöht werden. Hierzu hat sich eine Erhöhung der Tagesdosis um 25 % bewährt [37].

Bei Opioideinsatz sollte immer eine Prophylaxe der zu erwartenden Nebenwirkungen (Übelkeit und Obstipation) erfolgen.

 

Abb. 4: Die übliche Startdosis bei opioidnaiven Patienten liegt bei 2,5 mg Morphin p.o. oder 1-2,5 mg Morphin s.c. alle 4 Stunden.

 

Eine Niereninsuffizienz ist keine Kontraindikation für den Einsatz von Opioiden. Die Dosis sollte jedoch je nach dem klinischen Bild einer möglichen Überdosierung reduziert oder das Dosisintervall verlängert werden [38]. Es gibt derzeit keine valide Empfehlung, welches Opioid zum Einsatz bei Niereninsuffizienz anzuwenden ist. Bei dialysepflichtigen Patienten sollte eine gemeinsame Entscheidung mit dem betreuenden Dialysearzt zum Einsatz eines Opioides auf jeden Fall angestrebt werden.

Benzodiazepine
Benzodiazepine werden trotz fehlender Evidenz aufgrund einer langen klinischen Erfahrung oft und gerne zur Linderung von Dyspnoe eingesetzt. Wie vorher bereits beschrieben, besteht eine enge Beziehung zwischen Dyspnoe und Angst, sodass der positive Effekt von Benzodiazepinen vermutlich auf der positiven Wirkung auf den Umgang mit dem Symptom Dyspnoe beruht („coping“) [39]. Die Leitliniengruppe empfiehlt den Einsatz von Benzodiazepinen, wenn die Therapie mit Opioiden oder nicht-medikamentösen Verfahren nicht ausreichend wirksam ist oder eine Angstkomponente vorliegt [20]. Als Startdosis wird eine Dosis von 0,5-1 mg alle 6-8 Stunden p.o./s.l. für Lorazepam oder 2,5-5 mg s.c. alle 4 Stunden für Midazolam empfohlen [20].

Antidepressiva
Aktuell gibt es keine gute Evidenz für den Einsatz von Antidepressiva bei Dyspnoe. Dennoch sollte eine Depression bei enger Verknüpfung von psychischen Faktoren mit der Entstehung der Dyspnoe behandelt werden [40, 41, 42].

Steroide
Für den Einsatz von Steroiden zur Linderung von Atemnot gibt es in zahlreichen Studien sowohl für Patienten mit einer fortgeschrittenen Krebserkrankung als auch mit COPD keine Evidenz [43, 44, 45]. Die einzige Ausnahme sind Patienten mit einer Lymphangiosis carcinomatosa oder einer Atemwegsobstruktion durch Tumorinfiltration. Hierzu liegt jedoch trotz fehlender Studienevidenz eine Expertenempfehlung der Leitliniengruppe vor [20]. Sauerstoff Der Einsatz von Sauerstoff zur Linderung der Dyspnoe ist eine sinnvolle Therapieoption bei Patienten mit einer COPD und Patienten mit einer Hypoxämie (z. B. bei Lungenfibrose, Pneumonie, Pneumonitis) [46, 47].

Nicht-hypoxämische Patienten mit einer Krebserkrankung profitieren jedoch nicht von einer Sauerstoffgabe im Vergleich zu einer Raumluftgabe [13]. Die Autoren vermuten, dass die Luftbewegung zu einer Linderung der Symptome führte, da kein Unterschied in der Wirksamkeit von Sauerstoff vs. Raumluft bei gleichem Applikationsweg festgestellt werden konnte. Eine Sauerstoffgabe, z. B. über eine Nasenbrille, birgt jedoch einige Nebenwirkungen (Austrocknung der Schleimhäute, Explosionsgefahr, Einschränkung der Mobilität), sodass anderweitige symptomatische Maßnahmen erwogen werden sollten. So hat sich in vielen palliativmedizinischen Einrichtungen der Einsatz von Handventilatoren zur Symptomlinderung bewährt [48].

 

Abb. 5: Der Einsatz von Handventilatoren zur Symptomlinderung hat sich bewährt (Beispielbild).

 

Nichtmedikamentöse Therapie und Allgemeinmaßnahmen

Aufgrund der Komplexität des Symptomes Dyspnoe spielen Allgemeinmaßnahmen und nicht-medikamentöse Maßnahmen eine große Rolle bei der Symptomkontrolle. Im Vordergrund steht hierbei die Edukation des Patienten und seiner Angehörigen, um den selbständigen Umgang mit den Symptomen Atemnot und Angst zu fördern. Die Lebensqualität der Patienten steigt enorm, wenn er dazu befähigt ist, in Atemnotattacken Kontrolle über die Situation zu erlangen [49]. Hierzu sollte mit dem Patienten und dessen Angehörigen ein Notfallplan erstellt werden, der neben medikamentösen
Maßnahmen auch einfach durchzuführende Übungen beinhaltet, die alleine oder mit Hilfe von Angehörigen durchgeführt werden können. Dies dient vor allem der
Reduktion von Hektik und Angst (z. B. zu Beginn der Atemnotattacke auf einem Stuhl vor einem Tisch sitzen, die Unterarme auf die Tischoberfläche legen, den Kopf auf die Unterarme legen und versuchen, langsam zu atmen oder Einsatz der Lippenbremse) [50].

 

Abb. 6: Für Atemnotattacken sollte mit dem Patienten und dessen Angehörigen ein Notfallplan erstellt werden.

 

Weitere Allgemeinmaßnahmen können Anleitung zu ökonomischer Mobilität, das Tragen von lockerer Kleidung, die Anpassung des Tagesrhythmus an die
schwankende Atemnotintensität sowie die Kühlung des Gesichts durch offenes Fenster, Handfächer oder Ventilator sein [20]. Auch Gehhilfen sind als nützliches Hilfsmittel hervorzuheben (Rollator, Gehstock oder andere Gehhilfen). Sie fördern in hohem Maße die Mobilität des Patienten und können die Atemnotintensität signifikant senken [51].
Experten vermuten, dass dies durch die Unterstützung der Atemhilfsmuskulatur aufgrund einer Stabilisierung des Schultergürtels begründet ist [50].

Des Weiteren profitieren Patienten von Entspannungsübungen, die vor allem die emotionale Komponente der Dyspnoe modulieren. Zur Verfügung stehen verschiedene Übungskonzepte, z. B. die Atem-Erholungsmethode (Recovery Breathing Method) [50].

 

Abb. 7: Gehhilfen fördern in hohem Maße die Mobilität des Patienten und können die Atemnotintensität signifikant senken.

 

Therapie der Dyspnoe und Angst in der Sterbephase

Dyspnoe und Angst sind die häufigsten und für Patienten, deren Angehörige sowie die begleitenden professionellen Mitarbeiter sehr belastenden Symptome in der Terminalphase. 70-80 % der Patienten mit einer fortgeschrittenen Krebserkrankung leiden in den letzten Tagen ihres Lebens unter Dyspnoe [52, 7].

Aufgrund der häufig terminal eingeschränkten Kommunikationsfähigkeit ist die Fremdeinschätzung der
Symptomlast durch Angehörige und professionelle Mitarbeiter von größter Wichtigkeit. Klinische Zeichen, wie Unruhe, Mimik, Schwitzen, Steigerung der Atemfrequenz und Anstrengung, sind elementare Faktoren. Da Veränderungen der Atmung in der Terminalphase normal sind (z. B. Rasselatmung), ist auch eine gute Aufklärung der Angehörigen wichtig. Zudem gilt es die Angehörigen professionell zu unterstützen.

 

Abb. 8: Neben der Therapie der behebbaren Ursachen bei Angst- und Unruhezuständen gilt es, zudem auf eine ruhige Umgebung, eine vertrauensfördernde Kommunikation, sowie Kontinuität in der Betreuung zu achten.

Bei Unruhezuständen ist es unabdingbar, mögliche körperliche Ursachen zu eruieren und ggf. zu beheben (z. B. Schmerzen, Harnverhalt, Obstipation, Delir). Besonders
wertvoll sind hierbei Informationen des Patienten oder dessen Angehörigen zur Biographie und Vorerkrankungen (Delir in der Vergangenheit, Abusus, psychische Erkrankungen). Neben der Therapie der behebbaren Ursachen bei Angst- und Unruhezuständen gilt es zudem, auf eine ruhige Umgebung, eine vertrauensfördernde Kommunikation, sowie Kontinuität in der Betreuung zu
achten [20].

Mittel der Wahl zur medikamentösen Therapie sind auch in diesem Fall Opioide, ggf. ergänzt um Benzodiazepine bei Angst und Unruhe. Wie bereits oben beschrieben,
sollte eine vorsichtige Titration nach Atemfrequenz und Symptomlast unter regelmäßiger Evaluation der Wirkung erfolgen. Bevorzugt ist die Gabe parenteral (subkutan oder bei vorhandenem Port intravenös) zu applizieren. Im Übrigen ist die Überlebensrate in einer prospektiven Studie von einer Opioidgabe nicht beeinflusst worden [53].

Patienten mit Erkrankungen, bei denen eine terminale
Atemnot sehr wahrscheinlich ist, benötigen eine gute und sensible Kommunikation im Vorfeld der terminalen Phase. Ängste und Wünsche des Patienten stehen dabei im Vordergrund [54].

 

Abb. 9: Patienten mit Erkrankungen, bei denen eine terminale Atemnot sehr wahrscheinlich ist, benötigen eine gute und sensible Kommunikation im Vorfeld der terminalen Phase.

 

Häufig ist die Besprechung der Möglichkeit einer palliativen Sedierung für die Patienten sehr wichtig und beruhigend. Auch die unzureichende Symptomkontrolle einer Angstsymptomatik oder existenzielles Leiden können Indikationen für eine palliative Sedierung darstellen. In der Sterbephase sind medizinische Interventionen, z. B. apparative Diagnostik oder die Gabe von Flüssigkeit, sehr kritisch zu hinterfragen und nur unter strenger Indikation durchzuführen. Lindernde und entspannende Maßnahmen, wie Lagerung, Aromatherapie, Physiotherapie oder Massage, stehen dann im Fokus der Begleitung.

Zusammenfassung

Dyspnoe, Unruhe und Angst sind häufige und belastende Symptome in der Palliativmedizin. Für die Behandlung stehen eine Reihe medikamentöser, nicht-medikamentöser und allgemeiner Maßnahmen zur Verfügung. Die Therapie besteht zumeist aus einer Kombination aller Interventionsaspekte. Für die medikamentöse Therapie haben Opioide die beste Evidenz. Bei gleichzeitig bestehender Angstkomponente können diese um Benzodiazepine ergänzt werden. Die wichtigsten nicht-medikamentösen Maßnahmen sind die Edukation von Patienten und Angehörigen zur Selbsthilfe, sowie die Erstellung von Notfallplänen. Eine Sauerstoffgabe ist nur bei nachgewiesen hypoxämischen Patienten indiziert. Eine gute Symptomlinderung kann hingegen durch den einfachen Gebrauch eines Handventilators erzielt werden.

Literatur

1. Wee B, Browning J, Adams A, et al.: Management of chronic cough in patients receiving palliative care