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KI in der Medizin: Das sagt der Ärztetag

02. Juni 2025

Lernende Systeme werden schon in wenigen Jahren Teil des medizinischen Alltags sein, indem sie Verwaltungsabläufe in Klinik und Praxis effizienter machen oder Ärztinnen und Ärzte bei Diagnose und Therapie unterstützen – sogar ärztliche Aufgaben in Teilen übernehmen. So der Ton beim 129. Deutsche Ärztetag.

Vom 27. bis 30. Mai 2025 tagte der Deutsche Ärztetag in Leipzig, auch die neue Bundesgesundheitsministerin war dabei. Und natürlich ging es auch um die Entwicklung und die Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz (KI). Den Ton setzte BÄK-Präsident Dr. Klaus Reinhardt gleich zu Beginn: „Vor einigen Jahren klang KI nach Science-Fiction, heute ist sie medizinische Praxis“.

Die Vorarbeit für die KI-Zukunft hatte die BÄK bereits gemacht: Im Thesenpapier „Künstliche Intelligenz in der Gesundheitsversorgung“ und in der Stellungnahme „Künstliche Intelligenz in der Medizin” sind die Anforderungen formuliert, die in einer digitalisierten Zukunft aus ärztlicher Sicht erfüllt sein sollten.

Beide Papiere waren Grundlage der Beratungen auf dem Ärztetag und wir nutzen die Gelegenheit, einen Blick auf das Thesenpapier zu werfen, das eine Positionierung anhand von vier Thesen vornimmt und dabei den breiten Spannungsbogen zwischen Chancen und Risiken aufspannt.

These 1: Digitale Gesundheitsangebote im Wandel. Die erste These betont die strukturell disruptive Kraft von KI: Big Tech-Unternehmen und Krankenkassen erweitern ihr Leistungsportfolio um KI-gestützte Dienste – oft jenseits traditioneller ärztlicher Versorgung. Folge: Die ärztliche Autonomie gerät unter Druck, wenn algorithmisch generierte Empfehlungen mit wirtschaftlichen Interessen der Kassen verknüpft werden. Gleichzeitig ermöglichen neue Technologien auch eine gezieltere, präventive Versorgung. Der Ärztetag fordert einen klaren regulatorischen Rahmen, um ärztliche Verantwortung nicht zu entkernen.

These 2: Digitalisierung als KI-Katalysator. Die zweite These beschreibt KI als Treiber der Digitalisierung. Die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) im Opt-out-Verfahren ab 2025 wird als Grundlage für lernende Systeme betrachtet. Folge: Daten sind der Rohstoff für KI – doch ihre Qualität entscheidet über den medizinischen Nutzen. Der Ärztetag fordert ein gestuftes Rollout mit umfangreichen Tests, um Sicherheit und Vertrauen zu gewährleisten.

These 3: Effizienzsteigerung vor Versorgungstransformation. Die kurzfristige Implementierung von KI erfolgt vorrangig in administrativen Bereichen, der Fokus liegt auf Effizienz, weniger auf klinischem Mehrwert. Der Ärztetag fordert klare Strategien, damit gewonnene Zeit tatsächlich der „sprechenden Medizin“ zugutekommt.

These 4: Patient*innen im Zentrum – mit Ambivalenzen. Wearables, Symptomchecker und Chatbots fördern „patient empowerment“, verändern aber auch die Arzt-Patient-Beziehung grundlegend. Der Ärztetag warnt vor steigendem Aufklärungsaufwand, wenn Patient*innen mit (teilweise falschen) KI-Analysen in die Sprechstunde kommen.

Unter dem Strich hält der Ärztetag fest: KI wird bleiben. Doch wie sie unsere Medizin verändert, ist keine technische, sondern eine gesellschaftliche Entscheidung.

Text: Reinhard Merz
Bild: chatGPT für arztCME

 

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