Nach jahrelangem Warten war es letzte Woche auf der IFA in Berlin endlich soweit: Deutschland ist E-Health-Weltmeister! In der Erwartung zumindest …
Vor mehr als 20 Jahren haben die Prinzen in ihrem Song Deutschland (Link) mit viel Augenzwinkern festgehalten, wo wir Deutschen besonders gut sind. Seitdem waren wir schon Weltmeister im Fußball, im Handball, sogar im Basketball war es 2023 endlich soweit. Und jetzt kam eine Disziplin hinzu, in der uns die allerwenigsten oben auf dem Treppchen erwartet hätten: E-Health.
Das glauben Sie nicht? Ist aber so. Genau beim digitalen Gesundheitswesen, von dem man hierzulande so viel hört, aber selten etwas sieht. Während in Japan schon seit Jahren Roboter beim Blutdruckmessen mitmischen und in den USA Arzneimittel per Drohne geliefert werden, wartet man hier immer noch auf den Brief von der Krankenkasse, der die ePA für 2025 ankündigt. Per Post natürlich, wie es sich gehört.
Aber das ändert nichts daran, dass die deutschen Verbraucher erstaunlich offen für E-Health sind. Eine Umfrage im Auftrag der Elektronik-Branchenorganisation Gfu, die letzte Woche auf der IFA vorgestellt wurde, brachte es ans Licht. 4200 Personen in den USA, Japan, Frankreich und Deutschland waren befragt worden, darunter 1000 aus Deutschland.
Und siehe da: In Deutschland lag der Zustimmungswert auf einer Skala von minus 10 (sehr hohe Ablehnung) bis plus 10 (sehr hohe Offenheit) bei einem Wert von 1,6 vor Japan mit 0,9. Amerikaner mit 0,7 und Franzosen mit 0,1 landeten auf den Plätzen. Wer hätte gedacht, dass der deutsche Bürger auf einmal so zukunftsbegeistert ist?
Wie die dpa meldet und heise online berichtet (Link), hoffen in Deutschland 38 Prozent der Befragten, dass KI den Druck im überlasteten Gesundheitssektor mindern kann. In einer ähnlichen Größenordnung bewegen sich die Erwartungen zu Kosteneinsparungen. Knapp ein Drittel der Befragten in Deutschland (30 Prozent) erhofft sich, dass die neuen Techniken dazu beitragen können, hohe Kosten zu senken.
Was uns zu der Frage bringt: Woher kommt diese Offenheit in einem Land, in dem ein Großteil der Kommunikation zwischen Praxen und Kliniken noch über Faxgeräte läuft? Vielleicht ist es schlicht der Wunsch, den Rest der Welt mit Tech-Optimismus aus den Schuhen zu hauen. Frankreich hat eHealth? Wie süß. Aber wir reden nicht nur darüber, wir sind auch dafür – zumindest theoretisch. Den höchsten Zustimmungswert kann uns keiner mehr nehmen. Und bis es praktisch soweit ist, werden wir eben warten… und warten… und warten…
Text: Reinhard Merz
Bild: Dall-E für arztCME