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KI beschleunigt die Diagnose seltener Erkrankungen

01. Dezember 2025

Seltene Erkrankungen schneller erkennen: Die hessische Plattform ai4rare strukturiert komplexe Akten, entlastet Teams und verkürzt den Weg zur Diagnose.

Seltene Erkrankungen sind einzeln selten, als Gruppe aber häufig: In Europa gilt eine Erkrankung als selten, wenn nicht mehr als fünf von 10.000 Menschen betroffen sind. Insgesamt werden rund 8.000 Entitäten beschrieben; in Deutschland leben schätzungsweise vier Millionen Betroffene. Für viele bedeutet das Jahre der Ungewissheit, bis eine Diagnose feststeht – die sprichwörtliche „diagnostische Odyssee“. Genau hier setzt in Hessen das Projekt ai4rare an.

Am 22. Oktober 2025 hat das Hessische Ministerium für Digitalisierung und Innovation die Fortführung von ai4rare bekanntgegeben und dem Förderverein FUSE Hessen e. V. weitere 205.000 Euro bewilligt. Bereits 2024 erhielt das Projekt 160.000 Euro. Ziel ist, die bisherige Plattform zu einem interaktiven, KI-gestützten Diagnoseunterstützungssystem auszubauen und als Medizinprodukt (MDR) zuzulassen. Beteiligt sind die Zentren für Seltene Erkrankungen in Frankfurt (FRZSE) und Marburg (ZusE) sowie das Institut für KI in der Medizin und das Institut für Medizininformatik. Hessen positioniert sich damit gezielt als Pilotregion für KI-gestützte Diagnostik seltener Erkrankungen.

Der klinische Mehrwert liegt in der Beschleunigung besonders zeitintensiver Schritte: Befunde und Anamnesen aus heterogenen Quellen werden strukturiert erfasst, sortiert und für Boards aufbereitet; KI-Modelle analysieren Inhalte und helfen, nächste diagnostische Maßnahmen zu priorisieren. In der Machbarkeitsstudie ai4rarePILOT zeigte sich, dass die personalaufwendige Aktenaufbereitung in den hessischen Zentren signifikant schneller gelingt, wenn Erfassung und Voranalyse systematisch digitalisiert werden. Damit gewinnen Ärzteteams Zeit für die medizinische Beurteilung, ohne die Entscheidungshoheit aus der Hand zu geben. Zum Projekt gehört auch die Arbeit an Rahmenbedingungen: Es wurden eine kollaborative Infrastruktur aufgebaut, Datenschutz- und Rechtsfragen geklärt (inklusive Rechtsgutachten) und ein Vorgehen erarbeitet, wie sich Registerdaten und LLM-basierte KI vertrauenswürdig verbinden lassen. Perspektivisch soll die Plattform MDR-konform in die Versorgung überführt werden; bis dahin läuft der Einsatz im Projekt- und Studienkontext.

Fazit für die Praxis: ai4rare adressiert einen zentralen Engpass der seltenen Erkrankungen – die mühsame Sichtung und Strukturierung von Akten. Wenn diese Vorarbeit beschleunigt wird, lässt sich der Weg zur Diagnose verkürzen, ohne den ärztlichen Entscheidungsprozess zu ersetzen. Für Zuweisungen und Kooperationen stehen die Zentren in Frankfurt und Marburg als Ansprechpartner bereit; die Plattform soll in den kommenden Schritten zum zugelassenen Diagnoseunterstützungssystem weiterentwickelt werden.

Text: Redaktion arztCME

Bild:  ChatGPT, OpenAI, für arztCME

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