Biosimilars in der Dermatologie
Dieses Fortbildungsmodul liegt der Ärztekammer zur Zertifizierung vor.
Interessengebiete: Allgemeinmedizin und Innere Medizin, Haut- und Geschlechtskrankheiten, Biosimilars, Immunologie
Die Einführung der TNF-Inhibitoren vor über 20 Jahren hat die Psoriasis-Therapie revolutioniert und die Qualität der Versorgung von Patienten mit chronisch-entzündlichen Hautkrankheiten in Deutschland maßgeblich verbessert, aber auch die Gesundheitskosten erhöht. Ein weiterer Meilenstein war die Entwicklung und Zulassung von Biosimilars, die durch Kostensenkungen dazu beitrugen, den Zugang zur leitliniengerechten Therapie mit innovativen Wirkstoffen zu verbessern. Inzwischen haben sich Biosimilars im klinischen Alltag bewährt, wie Real-World-Studien und europäische Register zeigen. Dennoch besteht weiterhin Optimierungsbedarf: Die Verordnungsquote von Biosimilars ist gering und entgegen der Leitlinien-Empfehlungen machen Glukokortikosteroide zu häufig den Hauptanteil der systemischen Therapien aus.
In dieser Fortbildung erhalten Sie Informationen über die Leitlinienempfehlungen insbesondere im Hinblick auf TNF-Inhibitoren sowie einen Überblick zur Entwicklung und Anwendung von Biosimilars in der klinischen Praxis. Zusätzlich wird auch die Frage diskutiert, ob eine Therapie mit Biologika das Risiko für schwere COVID-19-Verläufe erhöhen kann.
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Kursinhalt
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Epidemiologie der Psoriasis vulgaris, Psoriasis- Arthritis und Acne Inversa
- Klassifikation, Therapieziele und Therapie-Empfehlungen
- TNF-Inhibitoren bei dermatologisch entzündlichen Krankheiten
- Entwicklung und Stellenwert der TNF-Inhibitor-Biosimilars
- Real-World-Daten: Psoriasis-Therapie mit TNF-Inhibitor-Biosimilars
- Biologika-Therapie und COVID-19
- Fazit
- Abkürzungen
- Quellen
Einleitung
Die Einführung der TNF-Inhibitoren vor über 20 Jahren hat die Psoriasis-Therapie revolutioniert und die Qualität der Versorgung von Patienten mit chronisch-entzündlichen Hautkrankheiten in Deutschland maßgeblich verbessert, aber auch die Gesundheitskosten erhöht. Ein weiterer Meilenstein war die Entwicklung und Zulassung von Biosimilars, die durch Kostensenkungen dazu beitrugen, den Zugang zur leitliniengerechten Therapie mit innovativen Wirkstoffen zu verbessern. Inzwischen haben sich Biosimilars im klinischen Alltag bewährt, wie Real-World-Studien und europäische Register zeigen. Dennoch besteht weiterhin Optimierungsbedarf: Die Verordnungsquote von Biosimilars ist gering und entgegen der Leitlinien-Empfehlungen machen Glukokortikosteroide zu häufig den Hauptanteil der systemischen Therapien aus.
In dieser Fortbildung erhalten Sie Informationen über die Leitlinienempfehlungen insbesondere im Hinblick auf TNF-Inhibitoren sowie einen Überblick zur Entwicklung und Anwendung von Biosimilars in der klinischen Praxis. Zusätzlich wird auch die Frage diskutiert, ob eine Therapie mit Biologika das Risiko für schwere COVID-19-Verläufe erhöhen kann.
Epidemiologie der Psoriasis vulgaris, Psoriasis- Arthritis und Acne Inversa
Psoriasis vulgaris (PsO) ist eine chronische Immunerkrankung, die sich primär auf der Haut manifestiert und in jedem Lebensalter auftreten kann. Die Ein-Jahresprävalenz in Deutschland wird auf ca. 2,5 % geschätzt, wobei Frauen und Männer etwa zu gleichen Anteilen betroffen sind. Die höchsten Prävalenzraten mit 4,0-4,2 % wurden in den Altersgruppen zwischen 50-79 Jahren ermittelt [1]. Es wird geschätzt, dass etwa 20 % der Psoriasis-Patienten unter einer mittel- bis schwer ausgeprägten Form leiden – dies entspricht etwa 400.000 Patienten in Deutschland [2].
Nach einer durchschnittlichen Dauer von etwa 10 Jahren entwickeln etwa 20-30 % der Psoriasis-Patienten eine Psoriasis-Arthritis (PsA), die vor allem Gelenke betrifft und unbehandelt zu irreparablen Gelenkschäden führen kann [3]. Die altersspezifische Inzidenz der PsA zeigt einen kontinuierlichen Anstieg mit zunehmendem Alter bis sie kurz vor dem 60. Lebensjahr ihren Höhepunkt mit 0,3-0,4 % erreicht [4]. Neben Haut- und Gelenkmanifestation können die entzündlichen Veränderungen auch Enthesen, Bänder und Gelenkkapseln betreffen; ebenso den Knochen und periostale Strukturen [5]. Die Erkrankung ist insgesamt komplex und kann einen sehr heterogenen Verlauf nehmen [6].
Die Acne inversa (AI), auch Hidradenitis suppurativa (HS) genannt, wird als chronisch rezidivierende Hauterkrankung des terminalen Haartalgdrüsenapparats definiert, die sich mit schmerzhaften, entzündlichen Läsionen in den an apokrinen Drüsen reichen Körperregionen manifestiert [7]. Unter den dermatologischen Krankheitsbildern zählt die AI zu den Erkrankungen mit der ausgeprägtesten Minderung der Lebensqualität [8]. Eine Analyse von 20.112 Personen der deutschen erwerbstätigen Bevölkerung zeigte eine Punktprävalenz anhand der typischen AI-Läsionen von 0,3 % [7].
Klassifikation, Therapieziele und Therapie-Empfehlungen
Psoriasis vulgaris (PsO)
Der Psoriasis-Schweregrad wird laut den aktuellen S3-Leitlinien anhand der befallenen Körperoberfläche (BSA), des Schweregradindex (PASI) und des Dermatologischen Lebensqualitätsindex (DLQI) klassifiziert [9]. Die aktuelle praxisrelevante Einteilung des Psoriasis-Schweregrades basiert auf einem Europäischen Konsensusprojekt aus dem Jahr 2011 [10] und wird auch als „Rule of Ten“ bezeichnet (Abb. 1). Demzufolge ist bei einem BSA oder PASI und DLQI ≤ 10 % bzw. ≤ 10 Punkten die Diagnose einer leichten Psoriasis zu stellen und bei einem BSA oder PASI und DLQI > 10 % bzw. Punkten die Diagnose einer mittel bis schweren Psoriasis. Dabei wird eine leichte Psoriasis beim Vorliegen der sogenannten Upgrade-Kriterien in eine mittelschwere bis schwere Form eingeordnet (Abb. 1) [9]. Der Schweregrad kann nach einem Vorschlag der Onkoderm- Autorengruppe aus dem Jahr 2016 weiter differenziert werden, so dass es sich bei einem BSA, PASI und DLQI ≥ 20 um eine sehr schwere Ausprägung handelt, die einen Firstline-Einsatz von Biologika zulässt [11].
Gemäß der S3-Leitlinie ist ab einer mittelschweren bis schweren Psoriasis eine Fototherapie oder systemische Therapie indiziert, wobei Biologika als Firstline-Therapie eingesetzt werden können, wenn konventionelle Therapien keinen ausreichenden Therapieerfolg erwarten lassen [9].
Das grundsätzliche Ziel jeder Psoriasis-Therapie ist die Erscheinungsfreiheit, das heißt die Abwesenheit von kutanen Symptomen der Psoriasis. Da dieses Ziel jedoch realistischerweise nicht bei allen Patienten erreicht werden kann, sollte ein Mindestziel definiert werden, dass zu einem festgelegten Zeitpunkt bei einer Behandlung erreicht werden muss. Das minimale Therapieziel laut S3-Leitlinien ist eine PASI-75-Antwort. Derzeit wird aber auch über höhere Therapieziele oder über einen absoluten PASI < 3 diskutiert [9]. So empfiehlt die Onkoderm-Autorengruppe einen absoluten PASI-Wert < 3 als Therapieziel, da eine 75 %ige Verbesserung bei einer sehr schweren Psoriasis als unzureichend angesehen wird [11].
Die Therapieziele sollten im Behandlungsverlauf regelmäßig kontrolliert werden. Das Ansprechen auf die Therapie wird am Ende der Induktionsphase je nach indivi- dueller Wirkstoff-Charakteristik evaluiert. Während der Erhaltungstherapie findet das Therapiemonitoring in der Regel einmal im Quartal statt. Die Anpassung der Therapie kann beispielsweise durch Dosissteigerung, Einleitung einer Kombinationstherapie oder durch Umstellung auf ein anderes Medikament erreicht werden [9, 11].
Im Bereich der systemischen Therapien hat sich das Spektrum moderner Psoriasis-Therapeutika durch die Zulassung neuer Biologika in den letzten Jahren permanent erweitert. Die Einleitung einer Biologika-Therapie wird generell empfohlen, wenn die konventionelle Therapie keinen ausreichenden Therapieerfolg gezeigt hat oder unverträglich oder kontraindiziert ist. In diesem Fall wird die Einleitung einer Therapie mit einem Biologikum mit einem “Firstline-label” laut Zulassung empfohlen (Tab. 1) [9]. Kein ausreichender Therapieerfolg ist zu erwarten z. B. bei besonders schwerer Ausprägung (PASI ≥ 20), rascher Verschlechterung, schwerer Beteiligung der Nägel, des Genitalbereichs oder der Kopfhaut oder besonders hoher Beeinträchtigung der Lebensqualität (z. B. DLQI ≥ 15) [9]. Aber auch für eine mittelschwere Psoriasis kommt der Firstline-Einsatz von Biologika in Betracht. Entscheidende Kriterien für die Wirkstoff-Auswahl sind [11]:
• Krankheitsschwere
• Komorbidität
• Kontraindikationen
• Individuelle patientendefinierte Bedürfnisse
Neben den beiden TNF-Inhibitoren, Adalimumab und Certolizumab pegol, stehen inzwischen mehrere Anti-IL-23- und Anti-IL-17-Inhibitoren als Firstline-Biologika zur Verfügung, die laut Studiendaten ein stärkeres PASI-Ansprechen im Vergleich zu TNF- Inhibitoren aufweisen [13]. Allerdings gibt es bisher keine Leitlinienempfehlungen zur Reihenfolge der Anwendung von Biologika mit Firstline-Zulassung bei Psoriasis vulgaris und auch direkte Head-to-Head-Studien zum Vergleich der Wirksamkeit fehlen [9].
Psoriasis-Arthritis (PsA)
Bisher sind zur Diagnostik und Therapie der PsA keine deutschen Leitlinien verfügbar, daher basiert die Klassifikation des PsA-Schweregrads auf den internationalen GRAPPA- Empfehlungen (Group for Research and Assessment of Psoriasis and Psoriatic Arthritis), die 2016 publiziert [14] und zuletzt 2021 im Rahmen des EULAR-Kongresses aktualisiert wurden [15]. Die GRAPPA-Empfehlungen schlagen die Einteilung der Krankheitsstadien in leicht, mittelschwer und schwer vor. Diese Einteilung bezieht sich auf den Schweregrad der einzelnen Symptome und nicht auf die Erkrankung im Gesamtkontext. Die Wahl der Therapie sollte idealerweise alle Domänen (Arthritis, Enthesitis, Daktylitis, axialer Befall und Haut- bzw. Nagelbefall) berücksichtigen und in einem gemeinsamen Entscheidungsprozess zusammen mit dem Patienten getroffen werden. Zusätzlich sollten auch Komorbiditäten, wie Uveitis oder chronisch-entzündliche Darmerkrankung (CED), bei der Auswahl der Therapie berücksichtigt werden [15]. Unter den Firstline-Therapeutika stellen TNF-Inhibitoren und IL-17-Inhibitoren die einzigen Optionen dar, die in allen sechs Domänen empfohlen werden, also wenn eine aktive Enthesitis, eine Beteiligung der Nägel oder eine Daktylitis vorliegt sowie bei einer axialen Beteiligung und unzureichendem Ansprechen auf nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) (Abb. 2) [15].
Acne inversa (AI)
Für die Klassifikation des Schweregrads der AI wird meist die statische Einteilung in die Stadien I-III nach Hurley genutzt, die auf der Verbreitung der Abszesse und Fisteln basiert (Tab. 2). Eine weitere Klassifikation bietet der Sartorius-Score anhand einer dynamischen Beurteilung der Schwere der Krankheit [16]. Da die AI mit einer besonders starken Minderung der Lebensqualität einhergeht, werden als Therapieziele laut Leitlinien die Verbesserung um einen Schweregrad der Hurley-Klassifikation oder die Verbesserung des DLQI um 25 % innerhalb von 12 Wochen definiert. Therapiemodifikation sollten erfolgen, wenn nach 12 Wochen keine Reduktion der entzündlichen Aktivität der Läsionen oder keine Besserung der Lebensqualität eingetreten ist [17].
Die systemische Therapie wird bei AI eingeleitet bei Nichtansprechen der Lokaltherapie oder physikalischer Therapie, insbesondere bei starker entzündlicher Aktivität. Hierbei kommen je nach Aktivität und Leidensdruck meist zunächst Antibiotika zum Einsatz. Alternativ kann auf eine zeitlich begrenzte hochdosierte Zinkgabe und auf eine Hormontherapie bei Frauen ausgewichen werden. Die einzige explizit für AI zugelassene systemische Therapie ist der TNF-Inhibitor Adalimumab [12, 17].
TNF-Inhibitoren bei dermatologisch entzündlichen Krankheiten
Der Tumornekrosefaktor (TNF) wurde erstmals 1975 als Mediator für die Endotoxin- induzierte Tumornekrose beschrieben [18] und gehört zu den Zytokinen. Er wird hauptsächlich von Makrophagen ausgeschüttet und ist als proinflammatorischer multifunktionaler Signalstoff des Immunsystems grundlegend an vielen Prozessen von Entzündungsreaktionen und Abwehr intrazellulärer Krankheitserreger beteiligt. Infolge der durch TNF ausgelösten Entzündungsprozesse kann es zu immunvermittelten entzündlichen Erkrankungen kommen. Mit dem Verständnis der jeweiligen krankheitsspezifischen Immunpathogenese hat sich die Blockade des zentralen Entzündungsfaktors TNF durch TNF-Inhibitoren als effektive Therapie dieser entzündlichen Systemerkrankungen etabliert [19]. Bei der Pathophysiologie der Psoriasis spielt die überschießende Produktion der proinflammatorischen Zytokine, TNF und Interleukine (IL) 12, 17 und 23 eine zentrale Rolle [20, 21].
Die Therapie mit TNF-Inhibitoren greift relativ früh in den entzündlichen Prozess ein und unterbindet die Sekretion der proinflammatorischen Zytokine durch Keratinozyten. Die Wirksamkeit und Sicherheit der TNF-Inhibitoren zur Behandlung der Psoriasis hat sich inzwischen seit 18 Jahren bewährt [22]. TNF-Inhibitoren haben sich zur Behandlung der mittelschweren bis schweren Psoriasis als wirksam erwiesen. Sie reduzieren die epidermale Entzündung sowie die gesteigerte proliferative Aktivität und die gestörte Ausreifung der Keratinozyten mit der charakteristischen verstärkten Verhornung [19]. Die Therapien mit den TNF‐Inhibitoren zeigten erstmals PASI 75‐Antworten bei 50-90 % der Patienten mit Psoriasis [23].
Als erster TNF-Inhibitor kam Infliximab im Jahr 1999 auf den Markt, zunächst zur Behandlung der Rheumatoiden Arthritis (RA) und seit 2004 auch zur Behandlung der Psoriasis-Arthritis (PsA). Es handelt sich um einen chimären, humanmurinen, monoklo- nalen IgG1-Antikörper. Im Jahr 2000 folgte die Zulassung des humanen Fusionsproteins Etanercept, zunächst für RA und seit 2004 auch zur Behandlung der PsA. Die monoklonalen, humanen IgG-Antikörper Adalimumab und Golimumab erhielten die Zulassung zur Behandlung der PsA im Jahr 2005 bzw. 2009. Im Jahr 2013 wurde Certolizumab pegol zunächst zur Behandlung der PsA zugelassen und erhielt 2018 die Zulassungserweiterung zur Behandlung der Plaque-Psoriasis. Es handelt hierbei sich um ein rekombinantes humanisiertes Antikörper-Fab-Fragment [12].
Tabelle 3 gibt eine Übersicht über den aktuellen Zulassungsstatus in Deutschland der TNF-Inhibitoren bei PsO, PsA und AI laut Fachinformation [12] und S3-Leitlinie Psoriasis [9]. Für die Behandlung der mittelschweren bis schweren Psoriasis werden TNF- Inhibitoren entweder als Erstlinien- oder als Zweitlinien-Biologika von der S3-Leitlinie empfohlen [9]. Für die Therapie der mittelschweren bis schweren Psoriasis sind Adalimumab und Certolizumab als Erstlinientherapie sowie Infliximab und Etanercept als Zweitlinientherapie zugelassen. Adalimumab hat eine Zulassung als Erstlinientherapie für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen ab 4 Jahren mit schwerer chronischer Plaque-Psoriasis, die nur unzureichend auf eine topische Therapie und Fototherapien angesprochen haben oder für die diese Therapien nicht geeignet sind [12].
Bei der Therapie der Psoriasis-Arthritis können alle fünf TNF-Inhibitoren mit oder ohne gleichzeitige Gabe von Methotrexat angewendet werden, wenn das Ansprechen auf konventionelle krankheitsmodifizierende Medikamente unzureichend ist und eine hohe Krankheitsaktivität oder ungünstige Prognosefaktoren vorliegen [12, 15].
Adalimumab ist als einziger TNF-Inhibitor für die Therapie der mittelschweren bis schweren aktiven AI bei Erwachsenen und Jugendlichen ab einem Alter von 12 Jahren zugelassen [12].
Entwicklung und Stellenwert der TNF-Inhibitor-Biosimilars
Nach Ablauf des Patentschutzes von biologischen Arzneimitteln, in der Regel nach 10-15 Jahren, ist der Markt offen für Biosimilars. Die Einführung der Biosimilars ermöglichte deutliche Kosteneinsparungen im Gesundheitssystem und somit eine bessere Versorgung der Patienten. Die ersten Biosimilars zu TNF-Inhibitoren wurden im Jahr 2013 zu Infliximab zugelassen, gefolgt von den Biosimilars zu Etanercept im Jahr 2016 und zu Adalimumab im Jahr 2017 (Abb. 3). Zu Certolizumab pegol und Golimumab gibt es bislang noch keine Biosimilars.
Um die Biosimilarität zum Referenzprodukt zu gewährleisten, durchlaufen Biosimilars im Entwicklungsprozess ein aufwändiges schrittweises Prüfverfahren [24]. Bei der Zulassung von Biosimilars muss die Wirksamkeit des biosimilaren Wirkstoffs nicht neu belegt werden, da dies bereits beim Referenzarzneimittel erfolgt ist. Stattdessen muss der Nachweis der vergleichbaren klinischen Wirksamkeit erbracht werden. Anstelle klinischer Studien zu Wirksamkeit und Sicherheitsprofil steht die Analytik und exakte biochemische Charakterisierung als Basis für den Nachweis der Biosimilarität im Vordergrund. Studien zur pharmazeutischen Qualität sind für Biosimilars wesentlich aufwändiger. Durch vergleichende klinische Phase-I- und Phase-III-Studien werden Sicherheitsprofil und Wirksamkeit des Biosimilars im Vergleich zum Referenzarzneimittel untersucht und die Biosimilarität bestätigt. Phase-III-Studien werden in einer ausreichend sensitiven Indikation durchgeführt und über das Prinzip der Extrapolation erfolgt die Zulassung anschließend auch für die übrigen Indikationen des Referenzbiologikums [25].
Die klinischen Erfahrungen der letzten 15 Jahre haben inzwischen übereinstimmend gezeigt, dass Biosimilars genauso wirksam und verträglich sind wie Original-Biologika [26]. Die Einführung der Biosimilars in den europäischen Markt führte zu einer Wettbewerbssituation, wodurch es zu deutlichen Preissenkungen kam, sowohl der Biosimilars selbst, aber auch der Referenzarzneimittel. Insgesamt trug die Einführung der Biosimilars wesentlich zur Kostenentlastung des Gesundheitssystems bei. Die eingesparten Ressourcen können zur Verbesserung der Versorgung eingesetzt werden, so dass allen Patienten der Zugang zu einer leitliniengerechten Therapie ermöglicht wird [26, 27].
Aktuelle Studiendaten zeigen jedoch, dass es immer noch Verbesserungspotenzial bei der Versorgung von Psoriasis-Patienten gibt. In einer Untersuchung von Kranken- kassendaten für das Jahr 2019 wurde festgestellt, dass entgegen den Leitlinien als häufigste systemische Therapie Glukokortikosteroide mit fast 12 % verordnet wurden. Dagegen erhielten nur etwa 5 % der Psoriasis-Patienten eine leitlinienkonforme Therapie mit Biologika, davon etwa zur Hälfte mit TNF-Inhibitoren. Als Biologikum wurde am häufigsten der TNF-Inhibitor Adalimumab eingesetzt [28].
Im aktuellen Psoriasisreport wurden Daten der Techniker Krankenkasse von 2017 bis 2019 analysiert. Demzufolge betrug der Anteil an Biologika im Jahr 2019 insgesamt 13,4 % am Gesamtverordnungsvolumen, davon entfielen 10,6 % auf Original-Biologika und 2,8 % auf Biosimilars [2] (Abb. 4). Obwohl der Anteil an Biosimilars seit 2017 von 0,7 % auf 2,8 % angestiegen ist, entfielen im Jahr 2019 etwa 80 % der Biologika-Verordnungen auf Original-Biologika und nur etwa 20 % auf Biosimilars. Bei der Betrachtung der Einzel-Wirkstoffe machten die TNF-Inhibitoren, Adalimumab, Etanercept und Infliximab knapp die Hälfte aller Biologika-Verordnungen aus, wobei der Hauptanteil mit 24 % auf Adalimumab entfiel [2] (Daten nicht als Abbildung gezeigt).
Obwohl bisher nicht zu allen Biologika Biosimilars zur Verfügung stehen, wie u. a. zu Anti-IL17- und Anti-IL23-Inhibitoren, wäre dennoch auf Basis der aktuellen Verordnungszahlen theoretisch eine Verdopplung des Biosimilar-Verordnungsanteils (auf 40 %) möglich, wenn die Original-Biologika der drei TNF-Inhibitoren Adalimumab, Etanercept und Infliximab vollständig durch Biosimilars ersetzt werden würden [2].
Real-World-Daten: Psoriasis-Therapie mit TNF-Inhibitor-Biosimilars
Biosimilars haben sich inzwischen in der klinischen Praxis zur Behandlung von dermatologisch entzündlichen Krankheiten bewährt. Dies zeigt die zunehmende Anzahl von Real- World-Daten. Mehrere europäische Psoriasis-Register wurden in den letzten 10 Jahren eingerichtet, um die langfristige Wirksamkeit und das Sicherheitsprofil von Biosimilars bei Patienten mit Psoriasis in der klinischen Praxis zu untersuchen. Dazu gehört das Psobiosimilar-Register in Italien [29, 30] und das BADBIR-Register in UK und Irland [31]. In das Psobiosimilar-Register wurden von 2016 bis 2018 fast 800 Patienten eingeschlossen, darunter 197 Patienten, die mit dem Etanercept-Biosimilar SB4 behandelt wurden [30]. Bei 158 Patienten mit einem Switch vom Original-Etanercept auf SB4 blieben die PASI-Werte unverändert stabil, während sich bei 39 Etanercept-naiven Patienten, die das Biosimilar SB4 erhielten, die PASI-Werte signifikant verbesserten (Abb. 5) [30].
und Biosimilar SB4.
In das BADBIR-Register wurden insgesamt 189 Psoriasis-Patienten mit SB4-Therapie zwischen 2016-2018 eingeschlossen [31]. Für die Wirksamkeitsanalyse wurden Daten von 48 Patienten verwendet, von denen jeweils vollständige PASI- bzw. DLQI-Werte vorlagen [31]. Die Patienten wurden in die beiden Subgruppen PASI < 10 (n = 20) und PASI ≥ 10 (n = 28) eingeteilt. In der PASI ≥ 10-Gruppe verbesserte sich der mittlere PASI- Score um 10,7 ± 6,6 Punkte (von 15,7 ± 3,8 auf 5,0 ± 6,2). Auch der DLQI-Score verbesserte sich deutlich in der Gruppe der Patienten mit einem DLQI ≥ 10 (von 18,9 ± 5,1 auf 6,5 ± 7,2) nach 6-monatiger Therapie mit SB4. Insgesamt zeigen diese Register-Daten, dass das Etanercept-Biosimilar SB4 in der klinischen Praxis wirksam ist [31].
Ein weiteres europäisches Register ist das dänische DERMBIO-Register, welches Daten von allen Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis enthält, die in Dänemark mit Biologika behandelt wurden. Eine Analyse untersuchte die Rate von Studienabbrüchen bei Patienten, die das Original-Etanercept erhielten (n = 566) im Vergleich zum Biosimilar SB4 (n = 55) [32]. Es gab keinen signifikanten Unterschied für das Risiko von Therapie-Abbrüchen zwischen beiden Vergleichssubstanzen. Auch die Adjustierung nach Geschlecht, Methotrexat-Gabe und PsA ergab keinen signifikanten Unterschied (HR 0,50, 95 % KI [0,11-2,02]; p = 0,317). Unerwünschte Ereignisse traten ebenfalls vergleichbar häufig auf und entsprachen dem bekannten Sicherheitsprofil. Neue Sicherheitssignale wurden nicht beobachtet [32].
Neben Registern liefern
Tutorielle Unterstützung
Die tutorielle Unterstützung der Fortbildungsteilnehmer erfolgt durch unseren ärztlichen Leiter Dr. med. Alexander Voigt in Zusammenarbeit mit der arztCME-Redaktion. Inhaltliche Fragen können über das Kommentarfeld, direkt per Mail an service@arztcme.de oder via Telefon unter Tel.: +49(0)180-3000759 gestellt werden. Inhaltliche Fragen werden von unserem ärztlichen Leiter bzw. nach Rücksprache mit diesem und evtl. dem Autor auch von der arztCME-Redaktion beantwortet.
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