Der Bericht des JAMA Summit on Artificial Intelligence untersucht die weitreichenden Auswirkungen der künstlichen Intelligenz (KI) auf das Gesundheitswesen.
Angesichts der vielen seit langem bestehenden Probleme in der Gesundheitsversorgung stellt die Disruption durch KI eine große Chance dar. KI beeinflusst bereits heute Bereiche wie klinische Entscheidungsfindung (z. B. Sepsis-Alarme oder Screening-Software), Tools für Einzelpersonen (mobile Gesundheits-Apps), Tools zur Verbesserung des Geschäftsbetriebs (z. B. Terminplanung) und hybride Funktionen (z. B. Dokumentation und Abrechnung).
Der JAMA Summit on Artificial Intelligence hat sich dieses Themas angenommen, die Ergebnisse wurden letzten Moinat publiziert (Link). Die Wahrscheinlichkeit, dass KI die Gesundheit für alle verbessern wird, hängt demnach stark von der Schaffung eines Ökosystems ab, das in der Lage ist, schnell und effizient zu lernen und/oder die Effizienz sicher steigert. Dazu sind Fortschritte in vier Schlüsselbereichen erforderlich:
- Einbeziehung der vielen Stakeholder über den gesamten Produktlebenszyklus: Es ist ein ganzheitliches, kontinuierliches Management von KI-Tools von der Entwicklung bis zum Einsatz erforderlich. Dies erfordert eine stärkere Partnerschaft von Endnutzern (Patienten und Kliniker) mit Entwicklern bei der Tool-Erstellung und eine engere Zusammenarbeit von Entwicklern, Regulierungsbehörden und Gesundheitssystemen bei der Bewertung der Tools im Einsatz.
- Entwicklung und Implementierung geeigneter Messwerkzeuge: Es müssen neue Methoden entwickelt werden, die eine schnelle und robuste Bewertungen der Wirksamkeit ermöglicht. Aktuelle Überwachungsstandards konzentrieren sich meist auf die Sicherheit von Prozessen (z. B. Erkennung von Modellhalluzinationen) und nicht auf die Wirksamkeit (nachgewiesene Verbesserung der Ergebnisse).
- Aufbau der richtigen Dateninfrastruktur und Lernumgebung: Um generalisierbares Wissen über die gesundheitlichen Auswirkungen von KI-Tools in verschiedenen Umgebungen zu generieren, ist eine national repräsentative Dateninfrastruktur erforderlich. Dies beinhaltet die Schaffung eines „Sandboxes“ aus retrospektiven Gesundheitsdaten und die Entwicklung von Learning Health System-Initiativen (LHS), um regelmäßig aktualisierte Daten über den Einsatz von Tools in einem national repräsentativen Kohortennetzwerk bereitzustellen.
- Incentives schaffen: Letztlich sollte eine föderierte Plattform entstehen, die schnelle prospektive Evaluationen ermöglicht. Zu deren Aufbau sind politische und finanzielle Hebel (ähnlich dem HITECH Act) erforderlich, um Gesundheitssysteme zu Investitionen in die notwendige digitale Infrastruktur, Interoperabilität und technische Expertise zu motivieren, die für die Einhaltung von Standards erforderlich sind.
Die weitreichenden Auswirkungen der KI auf die Gesundheitsberufe erfordern eine Neubewertung der Organisationsstrukturen und der Kompetenzverteilung. Dazu gehört ein grundlegendes Verständnis von KI (AI literacy) in die Aus- und Weiterbildung aller Gesundheitsberufe. Zudem müssen wichtige ethische und rechtliche Fragen angegangen werden (Datenschutz und Eigentumsrechte, ethische Aufsicht, Haftung). Und die Zeit drängelt: Denn das Versäumnis, ein als wirksam etabliertes KI-Tool zu verwenden, könnte schon bald als Verstoß gegen den Versorgungsstandard angesehen werden.
Text: Reinhard Merz
Bild: chatGPT für arztCME
