Allergische Rhinitis: Therapieoptionen und aktuelle Trends – Update 2023
Zertifiziert in D, A bis 03.07.2024, 2 CME-Punkte
Interessengebiete: Allgemeinmedizin und Innere Medizin, Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Allergologie, Immunologie
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Eine leitliniengerechte und frühzeitige Behandlung der allergischen Rhinitis gilt als wichtiger Schritt, um das Auftreten von Komorbiditäten wie Asthma zu verhindern. Die Therapie der allergischen Rhinitis gliedert sich, auf Basis der Symptomschwere, in die symptomatische Pharmakotherapie mit antiinflammatorischen und vasokonstriktorischen Substanzen sowie die allergenspezifische Immuntherapie in Form der subkutanen oder sublingualen Immuntherapie.
Die vorliegende CME umreißt neben Pathophysiologie, Diagnostik und Klassifikation die aktuellen Therapieoptionen bei allergischer Rhinitis und wirft zudem einen Blick auf die Bedeutung von Gesundheits-Apps zur Therapieunterstützung.
Kursinhalt
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Die allergische Rhinitis (AR) ist eine der häufigsten chronischen Erkrankungen überhaupt. Nach aktuellen Zahlen des Robert Koch-Instituts und des Statistischen Bundesamtes [1, 2] (Abb. 1) wird bei 30 % der 18- bis 79-jährigen Bevölkerung in Deutschland mindestens eine allergische Erkrankung im Laufe des Lebens diagnostiziert, Heuschnupfen war bei Erwachsenen mit einer Lebenszeitprävalenz von 15,6 % dabei am häufigsten.
Viele andere Erkrankungen können durch die AR getriggert werden, darunter Konjunktivitis, Asthma bronchiale, Nahrungsmittelallergie, atopisches Ekzem (Neurodermitis) und Sinusitis. So ist z. B. das Asthma-Risiko bei Erwachsenen mit AR um den Faktor 3,2 höher als bei Gesunden [3]. Die dadurch hervorgerufenen sozio-ökonomischen Folgen sind erheblich und wurden schon vor zehn Jahren in Europa auf etwa drei Milliarden Euro jährlich geschätzt – darin sind die Kosten durch Komorbiditäten noch nicht enthalten [4].
Eine leitliniengerechte und frühzeitige Behandlung könnte die volkswirtschaftlichen Kosten senken und Kostensteigerungen durch Komorbiditäten verhindern [4]. Schätzungen zufolge erhalten aber nur etwa 10 % der AR-Patienten eine solche leitliniengerechte Therapie [4]. Das begünstigt Komorbiditäten, einen fortschreitenden Krankheitsverlauf und letztlich den Etagenwechsel zum allergischen Asthma [4, 5].
Die WHO-Initiative „Allergic Rhinitis and its Impact on Asthma (ARIA)“ hat sich zum Ziel gesetzt, diesen Zustand zu verbessern [1]. In Zusammenarbeit mit weiteren Initiativen wurde eine lebensnahe, integrative Versorgungsleitlinie („integrated care pathways“, ICPs) für eine digital unterstützte, integrative, personenbezogene Behandlung von allergischer Rhinitis mit Asthma als Komorbidität entwickelt [6, 7]. Die Empfehlungen der ARIA-Leitlinie dienen als Basis für dieses CME-Modul. Die deutschen Leitlinien der AWMF befinden sich aktuell in der Überarbeitung, mit der Fertigstellung wird 2022 gerechnet.
Pathophysiologie
Ursache der AR ist die Sensibilisierung gegenüber einem Allergen wie Pollen. Die AR ist durch lokale, zelluläre Entzündungsprozesse gekennzeichnet und lässt sich in eine Sofort- und eine Spätphase unterteilen. Sie beginnt typischerweise mit Beschwerden wie Juckreiz in der Nase und Rötung und Fremdkörpergefühl in den Augen. Das Vollbild der Erkrankung äußert sich dann mit weißlich-wässrigem Sekretfluss, massivem Juckreiz, anfallsartigen Niesattacken und Nasenatmungsbehinderung sowie Rötung und Juckreiz der Augenbindehäute und Tränenfluss [8].
Beim Erstkontakt mit dem Allergen wird das Allergen durch dendritische Zellen phagozytiert und auf T-Lymphozyten präsentiert. Die so aktivierten T-Lymphozyten regen B-Lymphozyten zur Differenzierung und Klonierung an. Diese B-Lymphozyten produzieren gegen das Allergen gerichtete IgE-Antikörper, welche an Mastzellen gebunden werden.
Erkennen diese Antikörper beim nächsten Kontakt das Allergen, führt das zu einer Degranulation der Mastzelle. Dabei werden Histamin und Leukotriene freigesetzt. Diese Entzündungsmediatoren lösen beim Patienten in der Sofortphase Symptome wie Juckreiz der Nase, Niesen, Sekretion und Schwellung der Schleimhaut aus [9] (Abb. 2).
Lymphozyten, Eosinophile und Basophile infiltrieren die Nasenmukosa. Mit zeitlicher Verzögerung – daher Spätphase – kann das erneut AR-Symptome auslösen. Die Aktivierung von Entzündungszellen führt zur weiteren Expression von Adhäsionsmolekülen sowie IgE-Rezeptoren und in der Folge zu einer nasalen Hyperreaktivität auf unspezifische Reize [DGAI 2003]. Diese kann auch nach dem Ende der Allergenexposition als minimal persistierende Entzündung weiter fortbestehen [10]. Die Stärke der Reaktion hängt vom Entzündungszustand der Nasenmukosa ab, in der Regel kommt es nach wiederholter Exposition zu einer gesteigerten Reaktion (Priming). Das wird als wichtiger Mechanismus der Ausbildung einer chronischen Schleimhautentzündung angesehen [11].
Die Entzündung der oberen Atemwege kann zahlreiche sekundäre Symptome und Erkrankungen triggern. Die durch die AR-bedingten Störungen der Lebensqualität und Leistungsfähigkeit reichen von Schlafstörungen mit Tagesmüdigkeit bis hin zur Verminderung der Leistungsfähigkeit. Zudem geht die AR häufig mit weiteren Komorbiditäten einher (Tab. 1). Die wichtigste dieser Komorbiditäten ist Asthma bronchiale, hier werden bis zu 45 % angegeben [12, 13].
Diagnose
Diagnostik
Die Diagnose der allergischen Rhinitis umfasst neben der klinischen Untersuchung insbesondere die Allergiediagnostik. Bei der Anamnese sollten vor allem Informationen zu allergischen Vorerkrankungen des Patienten und seiner Angehörigen sowie zur Allergenexposition erfragt werden. Dabei müssen Art und Schwere der Symptome, zeitlicher Ablauf und Anzeichen für eine Hyperreaktivität sowie Einschränkung der Lebensqualität, der Arbeits- und Lernfähigkeit (Fehltage) dokumentiert werden [13]. Ferner sollte auf Atopiezeichen (z. B. juckende, trockene Haut oder eine Ausdünnung der seitlichen Augenbrauen) geachtet werden [9].
Voraussetzung für die Diagnose einer AR ist neben der klinischen Symptomatik der Nachweis einer immunologischen Sensibilisierung, der entweder im Hauttest oder im Rahmen der in-vitro-Diagnostik erfolgen kann.
Als Hauttest wird meist der Pricktest eingesetzt, um eine IgE-vermittelte Sensibilisierung nachzuweisen. Ein Intrakutantest sollte durchgeführt werden, wenn Zweifel an den Befunden des Pricktests bestehen oder schwach sensitive Allergene getestet werden sollen [14]. Da sie die Testresultate verfälschen, müssen Antihistaminika mindestens drei Tage vor dem Test abgesetzt werden. Das gilt auch für topische Glukokortikoide im Testgebiet. Orale Glukokortikoide sollten, wenn möglich, ebenfalls vorher abgesetzt werden.
In Verbindung mit der Hauttestung ist der Nachweis spezifischer IgE-Antikörper ein wichtiger Bestandteil der AR-Diagnostik, z. B., wenn ein Pricktest negativ ausfällt, es dennoch starke Hinweise auf eine AR gibt. Die molekulare Allergiediagnostik hat sich als fester Bestandteil der Routinediagnostik der AR etabliert.
Statt den früher üblichen Allergenextrakten stehen für die serologische Testung dabei spezifische Allergenkomponenten in Form von aufgereinigten Proteinen oder Glykoproteinen zur Verfügung [15, 16]. Deren Anwendung erlaubt die präzise Identifikation der auslösenden Allergenquelle, das Verständnis von Kreuzreaktionen sowie die Klärung komplexer Sensibilisierungsmuster [17].
Der Name einer Allergenkomponente besteht aus den ersten drei Buchstaben des lateinischen Namens der Allergenquelle, gefolgt vom ersten Buchstaben des Speziesnamens und einer Ziffer nach der Reihenfolge ihrer Entdeckung [18]. Die erste entdeckte Komponente im Extrakt von Birkenpollen (Betula verrucosa) heißt daher „Bet v 1“. Die Erstbeschreibung dieses Hauptallergens der Birke war ein Meilenstein der in-vitro-Diagnostik.
Für die Bestimmung der allergenspezifischen IgE-Antikörper sind heute FEIA (Fluoreszenz-Enzym-Immunoassay)- seltener EIA(Enzym-Immuno-assay)-Bestimmungen üblich. Mehr als 50 Allergenkomponenten zur molekularen Diagnostik der AR stehen dabei zur Verfügung. Die Datenbank Allergome (www.allergome.org) gibt einen Überblick der identifizierten Allergene, sie wird wöchentlich aktualisiert.
Hauttestungen und der Nachweis von spezifischem IgE können zwar eine Sensibilisierung belegen, sie erlauben jedoch nur bei eindeutiger Anamnese die Diagnose AR. Der nasale Provokationstest dient in allen sonstigen Fällen dazu, Personen mit stummer Sensibilisierung von Patienten mit allergischer Erkrankung zu unterscheiden. Von besonderer diagnostischer Bedeutung ist er bei Patienten mit persistierender Rhinitis [13].
Differenzialdiagnosen
Relevante Differenzialdiagnosen sind andere Entzündungen der Nasenschleimhaut. Dazu gehören die toxisch irritative Rhinitis, die chronisch-nichtallergische Rhinosinusitis sowie die idiopathische Rhinitis. Auch degenerative Veränderungen der Nasenschleimhaut und Abweichungen der Nasenanatomie sollten in Betracht gezogen werden.
Die Komorbiditäten der AR betreffen vor allem die Atemwege [19]. Rund 30 % der AR-Patienten leiden zusätzlich an Asthma [20]. Da es bei Patienten mit AR häufig erst nach Jahren zu einem Etagenwechsel kommt, sollten diese Patienten über Asthma-Symptome informiert und regelmäßig darauf untersucht werden. Allergiker haben ein erhöhtes Risiko für psychische Erkrankungen wie Angststörungen, Panikattacken, Depression. Eine adäquate Behandlung der allergischen Erkrankung kann sich positiv auf die psychische Gesundheit auswirken [21].
Klassifikation der AR
Die früher übliche Unterteilung der AR nach dem zeitlichen Verlauf in eine saisonale und eine perenniale Form gilt als überholt. Stattdessen unterteilt man die AR nach Dauer und Schwere der Symptomatik [11, 22].
- Als intermittierend wird eine AR bezeichnet, wenn sie weniger als vier Tage pro Woche oder weniger als vier Wochen besteht.
- Eine persistierende AR dauert länger als vier Tage pro Woche bzw. länger als vier Wochen an.
- Von einer geringen Symptomatik spricht man, wenn die Symptome die Lebensqualität nicht beeinträchtigen.
- Bei einer mäßigen bis schweren Symptomatik belasten die Symptome den Patienten mehr oder weniger stark und beeinträchtigen seine Lebensqualität. Neben den primären Symptomen werden die sekundären Symptome der AR, wie Schlafmangel, Schlafstörungen, Tagesmüdigkeit, Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen, herabgesetzte Reaktionsgeschwindigkeit und Leistungsminderung im Alltag, als belastend und einschränkend empfunden.
Therapie
Die allergische Rhinitis wird weitgehend unterschätzt und untertherapiert [8]. Bei der Therapie der AR unterscheidet man zwischen der symptomatischen Pharmakotherapie mit antiinflammatorischen und vasokonstriktorischen Substanzen und der (allergen-)spezifischen Immuntherapie (SIT). Diese auch Hyposensibilisierung genannte Therapieform ist neben der Allergenkarenz die einzige kausale Therapie allergischer Erkrankungen. Sie sollte möglichst früh im Krankheitsverlauf eingesetzt werden [8].
Pharmakologische Akuttherapie
Die pharmakologische Akuttherapie der AR setzt hauptsächlich auf die Gabe von Antihistaminika (AH), Glukokortikoiden (GK), Mastzellstabilisatoren, Leukotrienrezeptor-Antagonisten und Dekongestiva. Schlechte Symptomkontrolle und unerwünschte Wirkungen bedingen häufige Therapiewechsel und Behandlungsansätze ohne nachgewiesene Evidenz [23]. So wissen 29 % der Patienten nicht, welche Medikamente sie einnehmen und 26 % wechseln mehrfach zwischen verschiedenen Präparaten, um ein wirksames Medikament zu finden.
Auch die Adhärenz lässt zu wünschen übrig. Zwei von drei Patienten nehmen ihre AR-Medikation nur bei sehr starken Beschwerden ein, bis eine Besserung eintritt [23], ein. Ein krasser Gegensatz zu den aktuellen Leitlinien, die eine prophylaktische, problemorientierte und kontinuierliche Behandlung vorsehen [24]. Auch diejenigen Patienten, die eine kontinuierliche Therapie durchführen, berichten vielfach über Zeiten ohne ausreichende Symptomkontrolle [25, 26].
Im Folgenden werden die einzelnen Wirkstoffklassen vorgestellt, Tab. 3 gibt eine Übersicht zu deren Wirkungen und möglichen Nebenwirkungen [27].
Zur Schleimhautabschwellung können Dekongestiva eingesetzt werden, die als Sympathomimetika über adrenerge Rezeptoren direkt an den Nasenschleimhautgefäßen wirken. Die Folge ist eine Vasokonstriktion der nasalen Mukosa. Die Gabe kann topisch oder systemisch erfolgen. Ein Vorteil der Dekongestiva ist ihre schnell eintretende Wirkung, ein Nachteil ist die alleinige Wirkung auf die nasale Obstruktion. Andere Symptome der AR werden nicht beeinflusst. Die Therapiedauer sollte drei bis fünf Tage möglichst nicht überschreiten, da die langfristige Nutzung zur Entwicklung einer Rhinopathia medicamentosa führen kann [28].
Mastzellstabilisatoren
Die Cromone Cromoglicinsäure (DNCG) und Nedocromil blockieren den Degranulationsprozess in den Histaminproduzierenden Mastzellen. Die Wirkung auf die nasalen Symptome ist geringer als bei Antihistaminika und Glukokortikoiden, sie spielen in der Praxis nur noch eine untergeordnete Rolle bei der Therapie der AR [28]. Sie werden aufgrund guter Verträglichkeit und günstigem Nebenwirkungsprofil oft bei Kleinkindern und Schwangeren eingesetzt.
Leukotrienrezeptor-Antagonisten
Leukotriene sind Mediatoren der allergischen Entzündung. Sie bewirken starke Bronchokonstriktion, erhöhte Kapillarpermeabilität und sind an der Sekretion und Obstruktion beteiligt, vor allem bei Patienten mit einer persistierenden AR [29]. Leukotrienrezeptor-Antagonisten werden allein oder in Kombination mit einem Antihistaminikum bei der Therapie der AR eingesetzt.
In Deutschland ist als Leukotrienrezeptor-Antagonist nur Montelukast zur Behandlung des Asthma bronchiale bei Erwachsenen und Kindern zugelassen. Sie zeigen jedoch eine geringere Wirkstärke als orale H1-AH auf [30]. Nach einer Zulassungserweiterung ist Montelukast zur Therapie der AR bei asthmatischen Patienten zugelassen, wo sie den Verbrauch inhalativer β2-Agonisten (LABA) reduzieren können [31].AntihistaminikaHistamin entfaltet seine Wirkung auf die Zellen über vier Rezeptoren (H1–H4). Für die Behandlung der AR werden vor allem H1-Antihistaminika eingesetzt, die auf die für die allergische Sofortreaktion hauptsächlich verantwortlichen H1-Rezeptoren wirken. Sie verdrängen Histamin kompetitiv und verhindern so dessen Wirkungen im Gewebe wie Juckreiz, Niesreiz, laufende Nase, Rötung, Schwellung und Augentränen.
Die erste Generation der H1-Antihistaminika wies noch eine ausgeprägte sedierende Wirkung auf [32], moderne Wirkstoffe passieren aufgrund ihres hydrophilen Charakters die Blut-Hirn-Schranke kaum und haben dadurch nur geringe bis gar keine sedierenden Eigenschaften [33]. Sie wirken effektiv auf Rhinorrhoe, Pruritus und okulare Symptome und stehen sowohl für den systemischen als auch für den topischen Einsatz zur Verfügung. Topische Antihistaminika wirken innerhalb von zirka 15 Minuten und werden v. a. bei akut auftretenden Beschwerden eingesetzt [34].
Die meisten oralen Präparate der zweiten Generation wie Levocetirizin, Desloratadin, Fexofenadin, Ebastin, Mizolastin, Rupatadin, Olopatadin und Bilastin müssen nur einmal täglich eingenommen werden, was die Compliance verbessern kann. In Head-to-Head-Vergleichen verschiedener Antihistaminika wurden keine signifikanten Unterschiede gefunden [35].
Topische Glukokortikoide
Intranasal applizierte Glukokortikoide gelten als Erstlinientherapeutika bei moderaten bis schweren Symptomen. Sie binden an intrazelluläre Glukokortikoidrezeptoren (GR) und steuern so die Transkription verschiedener Zielgene. So wird die Synthese inflammatorischer Zytokine, unterdrückt, die antiinflammatorischen Mediatoren wie Lipocortin-1 und β2-Adrenozeptore dagegen erhöht [36].
Der Wirkeintritt des rezeptorvermittelten Effekts ist protrahierend, das Maximum erst nach einigen Wochen erreicht. Daneben gibt es rezeptorunabhängige Sofortwirkungen bereits nach 5–10 Minuten. Dabei wird die allergeninduzierte Expression des Adhäsionsmoleküls E-Selektin inhibiert [36, 37]. Bei Symptomkontrolle kann die Dosis nach drei Monaten reduziert werden, aber auch eine Langzeitbehandlung über ein Jahr gilt für moderne Präparate mit geringer systemischer Bioverfügbarkeit als unbedenklich.
Kombinationen verschiedener Wirkstoffe
Viele AR-Patienten erreichen mit Monotherapien keine ausreichende Symptomkontrolle und kombinieren deshalb verschiedene Präparate [25, 26]. Der Vorteil der intranasalen Glukokortikoide liegt z. B. darin, dass sie alle nasalen Symptome wirksam unterdrücken. In Vergleichsstudien zeigen sie hier eine bessere Wirksamkeit als Antihistaminika [24] oder sind zumindest ähnlich effektiv [38]. Bezüglich der Augensymptome sind orale H1-Antihistaminika ihnen allerdings überlegen, weshalb die ARIA-Leitlinien ein Glukokortikoid-Nasenspray mit einem oralen Antihistaminikum kombinieren [24]. Metaanalysen bestätigen auch der Kombination aus intranasalen Antihistaminika mit intranasalen Glukokortikoiden eine höhere Wirksamkeit auf die nasalen und okularen Symptome [39, 40].
Studien mit einer freien Kombination von intranasalem Fluticason und intranasalem Azelastin zeigten eine klinisch signifikante Überlegenheit der Kombinationstherapie gegenüber den Monotherapien [41] (Abb.3). Daraus ging die Fixkombination MP29-02 hervor [42], die jetzt bereits seit längerem in Deutschland zugelassen ist. Erste Studienergebnisse einer weiteren Fixkombination aus Mometason und Olopatadin (GSP301) zeigen ebenfalls eine deutliche Reduktion der AR-Symptome gegenüber Placebo [43, 44]. In Australien ist diese Fixkombination bereits zugelassen [45].
![Wirkung der Kombination aus Antihistaminikum und Glukokortikoid auf die nasalen Symptome von Patienten mit AR, Vergleich zur Fluticason- bzw. Azelastin-Monotherapie und zu Placebo [42].](/wp-content/uploads/kurse/23151NN/abb03_z.jpg)
Abb. 3: Wirkung der Kombination aus Antihistaminikum und Glukokortikoid auf die nasalen Symptome von Patienten mit AR, Vergleich zur Fluticason- bzw. Azelastin-Monotherapie und zu Placebo [42].
![Bewertungsschema für die Verordnungsfähigkeit von Antihistaminika und topischen Glukokortikoiden bei allergischer Rhinitis [33].](/wp-content/uploads/kurse/23151NN/abb04_z.jpg)
Abb. 4: Bewertungsschema für die Verordnungsfähigkeit von Antihistaminika und topischen Glukokortikoiden bei allergischer Rhinitis [33].
Für eine effektive und leitliniengerechte Behandlung ist die ärztliche Therapieeinstellung und -überwachung aber essenziell. Nur so können die Patienten auch über kausale Behandlungsoptionen wie die SIT informiert werden. Die aktuelle ARIA-Leitlinie schlägt dazu Behandlungsalgorithmen auf Basis visueller Analogskalen (VAS) zur Symptomstärke vor (Abb. 5, 6).Diese Fragebogen-basierten Messinstrumente erfassen die patientenindividuelle Ausprägung der Symptomstärken bei der Anamneseerhebung und bei der Verlaufsbeurteilung [53]. Dazu dokumentiert der Patient täglich die Stärke seiner AR-Symptome in Papierform oder in einer VAS-App. VAS erlauben so eine statistische erfassbare und reproduzierbare Kategorisierung der Symptomschwere in Stufen als Basis für die medikamentöse Erstlinien-Therapie:
- Stufe 1 (leichte Beschwerden): intranasale oder orale nichtsedierende H1-Antihistaminika
- Stufe 2 (mittelschwere bis schwere Symptome und/oder persistierende AR): intranasale Glukokortikoide, bei Bedarf hohe Dosierung wählen
- Stufe 3 (Patienten mit unkontrollierten Symptomen der Stufe 2): Fixkombination von intranasalem Glukokortikoid und intranasalem H1-Antihistaminikum
- Stufe 4: Kurzzeitige orale Gabe eines Glukokortikoids, um Symptomkontrolle von Stufe 3 zu erzielen oder zu festigen.
Gegen okulare Symptome können Cromone oder H1-Antihistaminika als Augentropfen gegeben werden. Die Behandlung sollte je nach den Symptomen zügig innerhalb von ein bis sieben Tagen angepasst werden.
Allergenspezifische Immuntherapie (AIT)
Neben der Allergenkarenz ist die Allergenspezifische Immuntherapie (AIT) die einzige kausale Therapiemöglichkeit. Damit lassen sich in vielen Fällen weitere Sensibilisierungen sowie der Etagenwechsel einer AR hin zum allergischen Asthma vermeiden. Die im Oktober 2022 neu vorgestellte S2k-Leitlinie zur Allergen-Immuntherapie bei IgE-vermittelten allergischen Erkrankungen [54] hat den aktuellen Stand klinischer Studien zu Wirksamkeit und Sicherheit der Therapiepräparate bei den Hauptallergenquellen (Baumpollen, Gräserpollen, Milben und weiteren) zusammengetragen.
Für die Bewertung des Schweregrades der Erkrankung können laut Leitlinie einzelne oder mehrere Symptome relevant sein; entscheidend für die Indikation zur Durchführung einer AIT ist jeweils die individuelle Betroffenheit/Krankheitslast. Der klinische Algorithmus zur Überprüfung der Eignung für die jeweilige AIT-Applikationsroute ist in Abb. 7 dargestellt.
Hinsichtlich der Darreichungsform unte
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